Landschafts-Fotografie (nicht) planen
Laptop auf, Browser starten, Google-Startseite mit der Eingabe «Foto-Locations Schweiz» füttern und voilà!, du bist versorgt. Nicht ganz. In unserer digitalisierten Welt sind sämtliche notwendigen Informationen im Netz schnell gefunden. Instagram überflutet dich mit fantastischen Fotos und die Google-Dienste Maps und Earth zeigen mit wenigen Klicks den Weg und die Verbindung mit dem öV an. Es gibt Apps wie «PhotoPills» oder «GoldenHour One», um nur zwei Beispiele zu nennen, welche dir für jedes Datum und jeden Ort die genauen Himmelsrichtungen und Zeiten für Sonnenauf- und Sonnenuntergang zeigen und dies praktischerweise auch noch gleich mit der Wetter-App abgleichen, um dir mitzuteilen, ob es sich überhaupt lohnt heute rauszugehen.
All diese Technik ist hilfreich, wenn man sie einzusetzen weiss. Ich habe für mich festgestellt, dass sie meine Produktivität als Fotograf vermindert. Wenn mir eine App sagt, dass heute das Wetter ein gutes Foto verhindern wird, bleibe ich zuhause und mache so kein Bild. Oder umgekehrt sagt mir die App, dass ich heute unbedingt raus muss, um den perfekten Sonnenuntergang zu fotografieren, da ich aber zuerst zwei Stunden im Netz verbringe, um eine Location zu suchen, bin ich schliesslich zu spät dran – und wieder gibt’s kein Foto.
Das Stichwort heisst «Erwartungen». Wann immer ich unterwegs zu einer Location bin, von der ich grossartige Fotos gesehen habe, welche ich gerne selbst umsetzen und ihnen meinen eigenen Stempel aufdrücken möchte, werde ich enttäuscht. Die Erwartungen sind von Beginn weg zu hoch. Unterwegs bin ich im Stress, hoffe auf das versprochene perfekte Licht und habe eine viel zu klare Vorstellung eines Bildes im Kopf, weshalb ich nicht fähig bin auf unerwartete Umstände zu reagieren. Wenn ich mir dagegen einfach einen Wanderweg, einen See oder einen Bach aussuche und mich ohne konkrete Erwartungen auf die Reise begebe, entstehen meist spannendere und vor allem einzigartige Bilder. Ohne konkrete Erwartungen unterwegs zu sein öffnet die Augen und lässt einen die Natur geniessen. Und selbst wenn kein Spitzenfoto entsteht, verbringe ich einen entspannten Tag in der Natur. Manchmal erspähe ich ein Motiv oder eine Komposition, bin aber zur falschen Tages- oder Jahreszeit vor Ort. In diesem Fall mache ich mir eine Notiz oder ein Foto mit dem Smartphone, um mich daran zu erinnern, die Location zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu besuchen.
So geschehen bei folgendem Bild:
Als ich ohne Kamera spazieren war, habe ich diesen Baumstamm im Wasser entdeckt und mir vorgenommen einmal bei Sonnenuntergang mit der Kamera zurückzukehren. Ich fand die Komposition mit Baumstamm und Pilatus im Hintergrund spannend. Rund zwei Monate später konnte ich das Bild schliesslich umsetzen. Hier noch das Handyfoto, welches als Notiz an mich galt:
Eine gewisse Wichtigkeit will ich der Planung von Fototrips in die Natur nicht absprechen. Ein Blick auf die Wettervorhersage ist sicher nicht verkehrt. Die Witterungsverhältnisse sollten aber nicht darüber entscheiden, ob man fotografieren geht, sondern nur darüber, welche Ausrüstung man einpackt. Auch der Blick auf eine Karte ist je nach Gebiet zwingend. Ich habe gute Erfahrungen mit der App «SchweizMobil» gemacht. Die Karten zeigen im Gegensatz zu etwa Google Maps auch kleinere Pfade in Wäldern und vermitteln ein besseres Gefühl für die Beschaffenheit des Geländes.
Doch das Wichtigste: Sei wachsam, erfahre die Natur um dich und die Motive werden dich finden. Plane so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig.
Und jetzt raus! Aber vergiss die Kamera nicht.